Die Stadt Hohen Neuendorf hatte am 25.Juni 2022 zum Bürgerfest auf dem Rathausplatz geladen. Neben kulinarischen Angeboten und einem Showprogramm mit Livemusik gab es dort auch eine sogenannte Vereins- und Politikmeile.
Für uns, als Kreisverband Oberhavel der Basisdemokratischen Partei Deutschland, also eigentlich eine vortreffliche Gelegenheit sich daran zu beteiligen um sich vorzustellen und mit Bürgern ins Gespräch zu kommen.
Leider wurde uns dann von der Stadt mitgeteilt dass die Politikmeile nur den Parteien vorbehalten ist die im Stadtparlament vertreten sind. Außerdem gäbe es auch nur begrenzte Platzkapazitäten.
Kreativität war nun gefragt. Die Bürgerinitiative „Oberhavel Steht Auf“ hatte die Idee mit Unterstützung von dieBasis und den Organisationen „Christen im Widerstand“ und „Pflege mit Herz“ eine eigene Veranstaltung als Bürgermeile in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bürgerfest zu organisieren. Damit waren Stadt und Bürgermeister einverstanden und wiesen uns einen Platz direkt neben dem Rathausplatz zu.
Dieser Platz, gleich neben dem Hauptzugang des Bürgerfestes, entpuppte sich als geradezu ideal da die vielen Bäume um uns herum reichlich Schatten an diesem doch sehr heißen Tag spendeten.
Pünktlich um 10.00 Uhr begannen wir alle „unsere Bürgermeile“ bestehend aus 3 Pavillons aufzubauen.
Wir, dieBasis Oberhavel, hatten uns entschieden auf einer Wäscheleine Schilder mit politischen Statements zu vielen aktuellen Themen aufzuhängen.
Neben Flyern und anderem Infomaterial zu uns und unserer Arbeit wollten wir eine unserer politischen Hauptforderungen, der Einführung von direkter Demokratie (Volksentscheide), für den Bürger erlebbar machen.
Dazu fragten wir die Leute: „Was sind die wirkungsvollsten Methoden einen Krieg zu verhindern?“
Zwei Antwortmöglichkeiten standen zur Wahl: „Verhandlungen“ oder „Waffenlieferungen“.

Abstimmen konnte man durch den Einwurf eines Balles in die entsprechende Antwortsäule. Das kam bei den Menschen die unseren Stand besuchten gut an und es entwickelten sich zum Teil ziemlich ausgiebige und außerordentlich anregende Gespräche.
Wir Basistas hatten auch die Aufgabe übernommen für das leibliche Wohl aller mitwirkenden an unserer Bürgermeile zu sorgen. Und beim gemeinsamen Essen wurden dann nicht nur interessante Informationen ausgetauscht sondern auch das ein oder andere Vorurteil abgebaut.
Resümierend können wir feststellen, dass sich unser gemeinsamer Einsatz sehr gelohnt hat und uns viel Spaß bereitet hat. Nebenbei bemerkt bestätigten uns viele Beobachter dass an unserem Stand viel mehr los war als bei der „offiziellen Politikmeile“. Darauf sind wir jetzt ein bisschen stolz und umso mehr motiviert für kommende Aktionen.

Übrigens, obwohl es an unserem Stand den ganzen Tag über sehr friedlich und entspannt zuging gab es allerdings auch eine Situation wo es, sagen wir mal, ein wenig brenzlig wurde. Ilona berichtet hierzu:
Wie Andreas bereits berichtete, konnte man durch den Einwurf eines Balles seine Zustimmung bzw. Antwort auf die Frage „Was sind die wirkungsvollsten Methoden einen Krieg zu verhindern?“ geben.
Ja, die meisten Bälle sind in der Säule mit der Aufschrift „Verhandlungen“ gelandet, aber nicht alle. Und manchmal sind gerade die Gespräche mit Menschen die nicht unserer Meinung sind am aufschlussreichsten. So war es jedenfalls für mich.
Es ergab sich, dass ich mich, vor unserem Stand am Stehtisch mit einem Mann unterhielt, der bereits einen Ball in die Säule „Verhandlungen“ geworfen hat. Wir unterhielten uns über alles mögliche und es war ein ruhiges und völlig entspanntes Gespräch.
Währenddessen kam ein weiterer Mann an unseren Stand und warf etwas provokatorisch einen Ball in die Säule „Waffenlieferungen“. Der Mann mit dem ich mich gerade unterhielt reagierte darauf gereizt und sprach den anderen mit du an und benutzte verurteilende Worte. Der andere Mann wollte nicht derart vertraulich angesprochen werden und sagte dies noch ruhig und sachlich. Doch Einsicht erhielt er nicht von seinem Gegenüber. Plötzlich herrschte eine sehr aufgeheizte und aggressive Stimmung unter den beiden Männern und sie schaukelten sich gegenseitig hoch in einem nicht wirklich weiterbringenden Dialog. Sie standen sich gegenüber wie Kampfhähne.
Da aber mein bisheriger Gesprächspartner tatsächlich auch nach der dritten Aufforderung nicht auf das „Sie“ umschwenkte, begann ich mich merklich unwohl zu fühlen. Das war kein Verhalten, so wie ich es mir als Basis-Mitglied im gesellschaftlichen Miteinander wünsche. Auch wenn der Herr kein Basis-Mitglied war und er zuvor den Ball in die gleiche Säule wie ich geworfen hatte, wünschte ich mir, dass hier nicht der Eindruck entsteht „Bei unserem Stand wird nur eine Meinung zugelassen und anders Denkende werden verurteilt und respektlos behandelt.“ Genau DAS erleben wir doch gerade und DAS wollen wir nicht auch in die Gesellschaft tragen.
Der Herr war mittlerweile so verärgert, dass er wütend noch mehrere Bälle in die Säule „Waffenlieferung“ warf. Wahrscheinlich um seinen Standpunkt zu unterstreichen, aber auch um seine Wut über die Respektlosigkeit los zulassen. Dann zeigte er zwei Stinkefinger in Richtung des anderen Mannes und wollte gehen.
Das konnte ich nicht zulassen. Was war passiert? Eben noch war alles entspannt und es herrschte eine wohlwollende und freundliche Atmosphäre. Doch von einem Moment auf den anderen veränderte sich dies ins Gegenteil.
Ich sprach den Mann an und fragte nach den Gründen für seinen Standpunkt. Ich kann den genauen Wortlaut nicht mehr wiedergeben, aber wir waren schon beim zweiten oder dritten Satz bei Traumatas angekommen. Wir alle kennen das, irgendwas triggert uns und wir reagieren auf eine Art und Weise, die uns vielleicht selber nicht ganz so gefällt. Etwas verwundert sprach er auch davon, dass er eigentlich über Mediatorerfahrung verfüge und es erschien mir, dass er gerade selbst nicht richtig wusste, warum er auch so aggressiv reagiert hat.
Fakt ist, dass er mit mir, die ihm offen und urteilsfrei begegnete, ganz normal, ruhig und ebenfalls sehr offen sprach. Das ihn das Geschehen sehr bewegte (mich auch) war deutlich zu spüren und ich hatte das Gefühl, hier geht es um etwas ganz anderes. Hier geht es nicht um Bälle in einer Säule, hier geht es nicht um Du oder Sie, hier geht es um seelischen Schmerz, um Wunden die gesehen und anerkannt werden wollen. Auf der einen wie auf der anderen Seite. Hier hat sich nur etwas entladen was tagtäglich immer wieder passiert. Das agieren und abreagieren auf Nebenschauplätzen, weil es so schmerzlich und schwierig ist die wirklichen Wunden und Traumatas anzuschauen. Mein Gegenüber stimmte mir zu. Wir waren uns darüber einig, dass wir eigentlich auf diesem Fest tanzen, lachen und uns umarmen sollten, anstatt Hass zu schüren. Das wir in der Gesellschaft miteinander und nicht gegeneinander agieren sollten.
Zum Abschluss unseres Gesprächs umarmten wir uns und jeder ging seiner Wege. Und ich hatte nun ein viel besseres Gefühl als vorher.