Was hat sich geändert? Ganz eindeutig: Mir ist meine Lebensfreude abhandengekommen. Und sie kommt auch jetzt nicht zurück, obwohl man ja fast alles wieder machen kann. Aber ich bin gar nicht mehr interessiert an Kino, an Konzerten. Wir verkaufen unsere Konzertkarten aus dem Abo. Wir haben einfach keine Lust mehr. Warum? Haben wir uns daran gewöhnt, auf diese Dinge zu verzichten? Hängt uns die Gängelei zum Hals raus, die ja keineswegs vorbei ist?
Was meine sozialen Beziehungen betrifft haben einige Freundschaften heftig gelitten. Es gibt nach wie vor Kontakte, aber wir meiden das Thema, reden einfach gar nicht über Corona. Aber dann denke ich: Eigentlich sind das gar nicht mehr meine Freunde, das sind überhaupt nicht die Leute, mit denen ich befreundet sein möchte.
Ich bin ja immer sehr offen und sage frei was ich denke, habe aber dabei immer die sachlichen Infos besonders rausgestellt. Dennoch gab es Situationen, wo mir Freunde oder Bekannte quasi den Mund verboten haben: „Was du da betreibst, ist Propaganda, hör damit auf!“ Sie wollten, dass ich nicht kämpfe. Das habe ich als übergriffig empfunden, als Einmischung in mein Privatleben.
Solche Eingriffe in meine Privatsphäre, zu denen sich seit Corona scheinbar jedermann berechtigt und berufen fühlen durfte, die habe ich als bedrohlich erlebt. Mein Eigenschutzbedürfnis wurde plötzlich nicht mehr respektiert, ja mehr, man meinte das Recht zu haben, mich einfach mal so tadeln zu können.
Solche Erfahrungen haben dazu geführt, dass der Kreis meiner Bekannten, mit denen ich zwar nicht befreundet war, aber mit denen ich bis dahin einen lockeren, freundlichen Umgang pflegte, schlicht verschwunden ist.
Ich war die einzige Ungeimpfte im ganzen Kollegenkreis, aber sie haben mich nicht ausgeschlossen. Ich wurde in meinem Team nicht ausgegrenzt und nicht gemobbt.
Ich wurde eigentlich auch sonst nie heftig angegriffen, obwohl ich mich selten konform verhalten habe. Aber wenn mir Leute komisch kamen, wenn sie meinten mich nach dem Impfstatus fragen zu dürfen oder mir den Zutritt ohne Test verweigerten, dann hatte ich immer die Kraft, einfach zu gehen und auf ihre Unterstützung oder Dienstleistung zu verzichten.
Nur einmal ist mir sowas passiert, aber da war ich selbst in der Rolle der Dienstleistenden. Ein Patient hatte mich gefragt, ob ich geimpft wäre, und als ich verneinte, meinte er: „Dann will ich nicht von Ihnen behandelt werden.“
Ja, Angst war auch bei mir im Spiel, nicht Angst vor Corona, sondern Angst davor, dass man mich zwingen könnte, die Impfung über mich ergehen zu lassen. Ich hatte eine Zeit lang ständig schreckliche Albträume: Da kommt jemand und sticht mit der Nadel auf mich ein und ich kann sich nicht wehren.
Als schlimm empfinde ich besonders, was mit den Jugendlichen und Kindern gemacht wird. Ich meine nicht nur die Impfung selbst, ich meine, was man ihnen darüber hinaus antut: Jugendliche haben plötzlich keine Lust mehr auf Party. Als sei auch ihnen die Freude am Leben verloren gegangen. Die Kinder sind durch Corona um die Erfahrung und die Freuden eines unbekümmerten Miteinanders gebracht worden. Wir Erwachsenen, wir haben schon viel erfahren und erlebt. Aber Kinder sind dem schutzlos ausgeliefert. Sie gewöhnen sich an Sachen, die man ihnen als normal und richtig präsentiert. Ich kenne kaum Kinder, die auch jetzt noch freiwillig ohne Maske zur Schule gehen würden. Die Masken kleben förmlich in den Kindergesichtern. Die sind nicht bereit, sie abzusetzen. Auch bei mir in der Praxis nehmen Kinder ihre Maske erst ab, wenn man sie sehr lange dazu ermutigt. Sie haben offenbar immer Angst, sich sonst mit dem Corona-Virus zu infizieren.
Mein Sohn will nicht mehr in die Schule. Er ist 14. Er scheut all das, was Schule mit sich bringt. E scheint die Kontakte mit Gleichaltrigen nicht mehr zu schätzen. Es kommt mir so vor, als müsse er soziale Kontaktaufnahme erst wieder neu lernen.
Noch schlimmer ist für mich die Erfahrung mit meinem ältesten Sohn. Er ist freiwillig bei der Bundeswehr, hat sich doppelt und dreifach impfen lassen und vertritt heute – auch mir gegenüber – ganz offen die These, dass man Impfgegner mit Gewalt dazu zwingen müsse, ihren Widerstand aufzugeben. Ja, er hat sich geradezu radikalisiert, und träumt von Einsätzen, wo er bei Demonstrationen so richtig zuschlagen kann. Ich bin entsetzt. Er ist mir fremd geworden und ich frage mich, was ich dazu getan habe, dass er sich so entwickeln konnte.
Und noch etwas. Ich bin eigentlich bis Corona ziemlich unpolitisch gewesen und habe mich auch nicht groß um das politische Geschehen gekümmert. Seit Corona habe ich dann begonnen, regelmäßig die Tagesschau zu sehen. Auf diese Weise bin ich sehr schnell damit konfrontiert worden, wie viele Falschinformationen durch die Medien auf die Bevölkerung losgelassen werden. Aus eigener Erfahrung wusste ich genau, dass viele der dort behaupteten Fakten und „Wahrheiten“ nicht stimmen konnten. Z.B. werden die Demonstrationen der Impfgegner unterdrückt, verboten und es wird darüber falsch und diskreditierend berichtet. Jetzt, bei den Demonstrationen für die Ukraine, ist übrigens alles erlaubt. Sowas macht mich traurig und wütend.
Es kommt mir so vor, als hätte ich bisher in einer völlig falschen Welt gelebt. Das macht mich traurig und zugleich wütend.
Ich hänge eigentlich sehr am Leben. Aber seit Corona stelle ich fest, dass ich zunehmend froh bin, vielleicht nur noch 20 Jahre in dieser verkehrten Welt leben zu müssen.
*Der Name wurde geändert